Ein bunt gemischter Haufen, lieber und offener Menschen
Bei bestem Wanderwetter erkundeten wir gemeinsam die wilde Wieslaufschlucht, machten so manche tierische Entdeckung, wurden bestens verköstigt und ganz nebenbei ergaben sich wieder mal tolle Gespräche und Kontakte zwischen Einheimischen und Geflüchteten.
Interkulturell ging es im Schwäbischen Wald zu - Projekt Gipfelglück Teil II.
Wann seid ihr dabei?
Neue Gesichter
Im August werden wir mit Einheimischen und Geflüchteten aus Steinheim ein Wochenende, inklusive Gipfelbesteigung, in den Allgäuer Alpen verbringen. Ich hatte hier bereits vom Projekt "Gipfelglück" berichtet.
Am Samstag fand unsere zweite Vorbereitungswanderung dazu statt. Ich freute mich riesig, dass zu unserer bestehenden Gruppe vier neue Geflüchtete gestoßen sind. Zur Bergtour können sie leider aufgrund der Teilnahmevoraussetzungen (Alter) nicht mitkommen, bei den Wanderungen hier in der Umgebung sind aber alle jederzeit herzlich willkommen.
Zurecht stolz
Mit dem Auto ging es erstmal Richtung Welzheim, im Schwäbischen Wald. Mustafa konnte einen Schwung Personen mit seinem Auto mitnehmen. Das Leuchten in seinen Augen war nicht zu übersehen. Er wirkte so stolz und glücklich, uns zu zeigen, dass er von seinem gesparten Lohn ein eigenes Auto kaufen konnte und den Führerschein bestanden hatte. Wir alle freuten uns natürlich total mit ihm.
Am Wanderparkplatz der Laufenmühle, ging es dann los in die völlig vermatschte Wieslaufschlucht.
Sind auch alle fit genug?
Der Weg war ziemlich rutschig - eine gute Gelegenheit für mich, die Trittsicherheit der Bergtour-Teilnehmer zu begutachten. Es sah auf jeden Fall sehr gut aus und ich bin optimistisch für unser Bergabenteuer im Allgäu.
Anders wie beim letzten Treffen, lag der Fokus dieses mal beim Wandern. Wir machten keine Kennenlern- und Vertrauensspiele, sondern wollten einfach mal eine längereStrecke am Stück laufen. Nicht zuletzt auch, um zu schauen, wie konditionell fit die Teilnehmer sind.
Ein gutes Übungsfeld
Wirklich hohe Berge gibt es in meiner Gegend leider nicht. Die kleinen Trampelpfade der Wieslaufschlucht, wo es auch mal über Stock und Stein geht, mit ihren kleinen Brücken und Stegen, eignen sich zum Üben aber ganz gut.
Beeindruckend waren für die Teilnehmer auch die kleinen Wasserfälle, vor denen sie sich gerne fotografieren ließen. Selbst die beiden jüngsten Teilnehmer, mit 13 und 15 Jahren, hatten ihren Spaß. "Die langweilen sich schnell und sind unterfordert", sagte mir ihre Familienpatin vor der Tour. "Gib ihnen dann ruhig deinen Hund an die Leine."
Charly, unser Hund, lief frei und die beiden Jungs moserten kein einziges mal rum, dass ihnen langweilig sei. War wohl doch eine ganz coole und spannende Tour für sie :-)
Gastfreundschaft wird groß geschrieben
In den Pausen wurde wieder kiloweise Essen ausgepackt. "Das ist typisch für uns, Myriam. Das weißt du doch mittlerweile", sagte mein Schützling Aiman, mit einem Grinsen im Gesicht. Und ja, er hatte Recht, ich wusste es. Verhungern war mit dieser Gruppe absolut nicht möglich. Erdbeeren hier, Trauben da, Brezeln, Kuchen... alles was das Herz begehrt und alles wurde geteilt.
"Das ist echt toll, dass die immer alles jedem anbieten und teilen", sagte Marcel, der schon zum zweiten Mal mit Leib und Seele dabei ist. "Das fällt richtig auf und ist bei uns irgendwie weniger der Fall".
Jeder genießt den Ebnisee auf seine Weise
Wir kamen gut voran und erblickten den Ebnisee. "Oh wow, machen wir hier eine Pause?", ertönte es gleich. "Aber klar doch!"
Der Papa von zwei Mädels, die auch dabei waren, hängte seine Füße ins Wasser und blickte entspannt auf den See. Die Jungs ließen sich über die Hand am Steg ins Wasser abseilen und balancierten auf einem Stein im See, ließen Steine springen und versuchten sich gegenseitig ins Wasser zu werfen.
Die Mädels saßen gechillt auf der Mauer und machten viele Fotos von der traumhaften Umgebung.
Fürs baden hatten wir leider keine Zeit. Vielleicht holen wir das einmal nach.
Wichtige Themen
Wir liefen weiter und freuten uns schon aufs anschließende Grillen.
Wie auch schon beim letzten Mal, kamen gute Gespräche zustande. Zum Beispiel zum Thema Ausbildung. Ich bin sehr froh, dass zumindest bei den Teilnehmern an diesem Tag, die Ausbildung als sehr wichtig angesehen wird und auch großes Ziel von allen ist.
Arbeit ist meiner Meinung nach mit der wichtigste Schritt zur Integration. Finanzielle Unabhängigkeit, Kollegen und Freunde haben, einen geregelten Tagesablauf bekommen, das Gefühl gebraucht und somit Teil der Gesellschaft zu werden, kommt durch einen Arbeitsplatz in der Regel ganz von alleine. Und für junge Menschen, ist eine Ausbildung das A und O, um nicht ein ganzes Leben lang Hilfsarbeiter zu sein.
Was ist das???
Beim Kirschsteine-Weitspucken, kam dann wieder viel Gelächter auf. Beim einen klappte es mehr, beim anderen weniger (ich gehörte eher zu letzteren).
In einem kleinen Tümpel entdeckten wir Molche. Ich hatte ein Pflanzen- und Tierbestimmungsbuch dabei und zeigte ihnen, dass es Teichmolche waren. Micha fragte: "Wisst ihr was das gefährlichste Tier in Deutschland ist?" Er schlug das Buch auf und zeigte auf die Zecke. "Was ist das? Willst du uns verarschen?" kam prompt die Antwort. Wir erklärten ihnen, welche Krankheiten Zecken übertragen können und wie man sich etwas vor den Zeckenbissen schützen kann.
Live-Demonstration
Dann musste unser Hund Charly als lebendes Versuchsobjekt herhalten - der hatte nämlich zufällig eine Zecke.
Wir zeigten, wie die Zecke im Körper steckt und wie man sie richtig entfernt. "Ihhhhhh" - die Blicke der Teilnehmer sprachen Bände. "Wenn ihr zuhause seid, duscht gleich, wascht die Kleidung und sucht euch nach Zecken ab", riet ich ihnen. "Und wenn wir eine finden, rufen wir dich zum raus machen an", scherzten sie.
Ob die Zecke nun wirklich das gefährlichste Tier in Deutschland ist, weiß ich nicht. Meiner Meinung nach aber auf jeden Fall das Unnützeste.
Grillen ist einfach immer schön
Nach dem etwas ekligen Zecken-Thema, konnten wir uns trotzdem alle dem Grillen widmen.
Natürlich wurde wieder aufgetischt - Würstle, Hühnchenspieße, Hackfleichburger, Grillkäse, Gemüse und Obst. Das Grillen auf dem offenen Feuer machte allen sichtlich Spaß und unsere Bäuche wurden mehr als voll.
Gemütlich klang der Nachmittag am Feuer und am üppig gefüllten Tische aus. Es hat mir wieder sehr viel Spaß gemacht, mit Euch unterwegs gewesen zu sein :-)
Es geht weiter
Vor der Bergtour im August findet noch eine weitere Vorbereitungswanderung statt. Alle Teilnehmer wurden nochmals darauf hingewiesen, alle Dinge für die Bergtour, wie Rucksack und Kleidung mitzubringen. Wir checken dann alles durch und können gegebenenfalls noch Besorgungen tätigen.
Einen herzlichen Dank an dieser Stelle an die Bevölkerung in und um Steinheim. Wir haben so viele Wanderstiefel in einem Top-Zustand erhalten, dass wir jetzt alle Teilnehmer für die Berge versorgen konnten.
Jeder ist Willkommen
Die nächste Wanderung findet am 21.07.2018 statt. Dieses Mal wollen wir die direkte Waldgegend um Steinheim herum erkunden.
Gerne können sich weitere Teilnehmer jederzeit anschließen. Einfach bei Interesse eine kurze Mail an mich (myriam.steng@gmx.de), damit ich besser planen kann. Mein Wunsch wäre, dass wir in regelmäßigen Abständen zusammen in die Natur gehen, Spaß haben, ein offenes Ohr füreinander haben und uns gegenseitig helfen und unterstützen. Es wäre total schön, wenn wir immer mehr werden und auch noch mehr Einheimische sich trauen, dazu zu stoßen.
Wenn sich die Teilnehmer dann noch ab und zu privat verabreden und Freundschaften entstehen, wäre das einfach perfekt :-)
Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt - also lauf los.
Den GPX-Track der Wanderung findet ihr hier:
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