Drei Tage Schneeschuhabenteuer im Montafon

Lindauer Hütte, Großer Drusenturm und eine rasante Schlittenabfahrt inklusive

Ende Februar war die Welt noch in Ordnung (zumindest im Montafon) und keine Spur von Corona, Kriese und Co. Als ich den Artikel heute schrieb, kam es mir fast schon wie eine längst vergessene Zeit vor. Zu sehr umgibt uns dieses Thema und hat bereits einen festen Platz in unserer Gedankenwelt eingenommen. Umso mehr sollten wir versuchen nach vorne zu schauen - die Zeit in der wir uns wieder frei bewegen können wird kommen. Und so lange gönnen wir der Natur eine Verschnaufspause, die sie sich verdient hat.

 

Vielleicht bringt euch diese Tour auf andere Gedanken und lässt die Vorfreude auf die kommenden Touren steigen. Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude.

 

Hauptsache raus

Weiter oben lag zum Glück genug Schnee.
Weiter oben lag zum Glück genug Schnee.

"Liegt da noch genug Schnee?", war die Frage von Einigen, als wir Ende Februar ins Montafon fuhren. Mhhh, ehrlich gesagt war die Schneemenge diesen Winter schon recht mau. Aber ich wollte unbedingt raus - mit oder ohne Schnee, irgendwas wird uns schon einfallen. Als wir am Parkplatz der Golmenbahn ausstiegen, setzten wir unsere Füße auf den grauen Asphalt - ok, im Tal liegt wie unschwer zu erkennen ist kein Schnee.

 

Wir schnallten unsere Schneeschuhe an den Rucksack und stapften über die kleine Skipiste, die durch den gefrorenen Schnee eher einer Schlittschuhbahn im Sommer glich - eine ganz schön rutschige Angelegenheit.

 

Zwei Wege führen zur Hütte

Die Häuschen vom "Gauen in einer traumhaften Winterlandschaft.
Die Häuschen vom "Gauen in einer traumhaften Winterlandschaft.

Das erste Stück hinaus aus dem Tal verläuft auf einem Asphaltsträßchen. Nach einer Weile lag dann tatsächlich genug Schnee, damit wir uns die Schneeschuhe anschnallen konnten. Ziemlich platt gedrückt war der Schnee und vermutlich wäre es auch ohne Schneeschuhe problemlos möglich gewesen, voran zu kommen. Egal, an den Füßen machen sie viel mehr Spaß als auf dem Rücken.

 

Zur Lindauer Hütte führen zwei Wege. Der eine, verläuft auf einem Fahrweg, den wir für die spätere Schlittenabfahrt wählten. Für unseren Aufstieg zur Hütte wählten wir den Weg über "Gauen", der von der Wegbeschaffenheit natürlicher verläuft. Dieser Weg ist unten im GPX-Track auch hinterlegt. 

 

Die Ruhe genießen

Am kleinen Bach ging es entlang, angenehm steigend nach oben.
Am kleinen Bach ging es entlang, angenehm steigend nach oben.

Obwohl wir an einem Sonntag unterwegs waren, begegneten uns nur wenige Menschen. Wir lagen gut in der Zeit und genossen die Stille und traumhafte Landschaft in vollen Zügen. Der Anfangs noch blaue Himmel zog rasch zu und dichte Wolken schoben sich vor die Berge. Dem Wind sei Dank, zeigte sich die Sulz- und Drusenfluh doch noch das ein oder andere Mal. 

 

Der Weg gestaltete sich abwechslungsreich - kurze Stücke durch einen kleinen Nadelwald, dann wieder über freies Gelände und sanfte Hügel. Ich war leider etwas erkältet und ganz froh, dass der Aufstieg zur Hütte nur 3 Stunden dauerte. 

 

Die Lindauer Hütte ist in Sicht

Die Lindauer Hütte mit ihrem Wahrzeichen im Hintergrund, den Drusentürmen.
Die Lindauer Hütte mit ihrem Wahrzeichen im Hintergrund, den Drusentürmen.

Wir hörten Gejubel und kurze Zeit später standen wir auf der Schlittenspur, auf der eine Gruppe in schnellem Tempo an uns vorbei raste. Einmal noch kurz um die Kurve und da war sie - die Lindauer Hütte. Oh wow, eine absolut wundervolle Lage für eine Hütte. Im Hintergrund ragen die markanten drei Drusentürme in den Himmel, die auch das Wahrzeichen der Hütte darstellen. Ein Ort, an den ich sehr gerne zurück komme. Vor ein paar Jahren war ich schon einmal hier und hatte die Hütte und vor allem das Essen in sehr guter Erinnerung. Sehr gerne wollte ich diesen besonderen Ort auch Micha zeigen.

Spätestens nach dem überaus leckeren Essen war auch er begeistert ;-)

 

So klang der Abend mit vollen Bäuchen und der Tourenplanung für den nächsten Tag aus.

 

Der nächste Morgen

Traumhaft, das blau des Himmels und der leuchtend weiße Schnee.
Traumhaft, das blau des Himmels und der leuchtend weiße Schnee.

Wir lugten aus unserem kleinen Fenster im Matratzenlager - grau, nichts als grau und Regen. Von der schönen Aussicht am Vortrag war nichts mehr übrig. Das trübte unsere Stimmung etwas. Sollten wir bei diesem Wetter wirklich los ziehen? Im Regen macht Schneeschuhwandern keinen großen Spaß und sehen tut man auch nichts. Wir beschlossen erst mal in aller Ruhe zu frühstücken. Mit einem leckeren Müsli im Bauch sieht die Welt schon wieder besser aus ;-)

 

Der Wetterbericht versprach auf den Mittag einen blauen Himmel und Sonnenschein. Na, das wäre doch fein. Wir vertrauten darauf, legten uns nochmal aufs Ohr, standen dann mehr als ausgeschlafen um 11 Uhr auf, lugten nochmals aus dem Fenster und siehe da...

 

Perfekte Verhältnisse

So flach ist der Weg nur am Anfang ;-)
So flach ist der Weg nur am Anfang ;-)

... blauer Himmel und Sonnenschein :-)

Also alles richtig gemacht, sagten wir uns, packten unsere sieben Sachen (ganz wichtig: LVS-Gerät, Lawinensonde und -schaufel) und traten hinaus in die klare Winterluft.

 

Unser Weg setzte sich durch das Tal fort in Richtung Öfapass. Links blickten wir auf die mächtige, fast schon schwarze Wand der Sulzfluh und rechter Hand standen die Hänge der Geißspitze bereits in der Sonne. Hier und da zeichneten sich kleine Lawinen an den Graßhängen der Sonnenseite ab. Der Lawinenlagebericht zeigte heute eine 1-2 an. Bei schlechteren Verhältnissen hätten wir diese Tour definitiv nicht gewählt.

 

Tourenziel verschoben

Wer hat denn da sein Auto vergessen?
Wer hat denn da sein Auto vergessen?

Wir kamen an der oberen Sporaalpe vorbei, die ziemlich verlassen wirkte. Zwischen den Hütten ging es hindurch und bald stieg unser Weg langsam an. Die Sonne hatte schon ordentlich Kraft und mir wurde warm. Doch kurze Zeit später liefern wir wieder im Schatten der Berge, der Wind zog an und es wurde stürmisch kalt.

"Eigentlich läuft es bisher ganz gut und ich fühl mich trotz Erkältung recht fit", sagte ich zu Micha. "Meinst du wir sollen statt des Öfakopfs doch den Großen Drusenturm versuchen? So gute Verhältnisse wie heute hat man selten."

 

"Wenn du meinst, dann probieren wir es", meinte Micha. "Umdrehen können wir ja immer noch, sollte etwas nicht passen."

 

Vorfreude auf das neue Ziel

Am Hang weiter oben kann man bei genauem hinschauen ein paar Skitourengeher erkennen. Ganz schön steil da oben.
Am Hang weiter oben kann man bei genauem hinschauen ein paar Skitourengeher erkennen. Ganz schön steil da oben.

Was von der Senke wie eine durchgehende Felswand wirkte, entpuppte sich als Durchgang. Wir hatten ein neues Ziel und waren voller Vorfreude, vielleicht tatsächlich auf dem imposanten Drusenturm zu stehen. Von hier unten wirken diese drei Türme unüberwindbar und kaum vorstellbar, dass man ohne zu klettern da hinauf kommt. Ich war schon sehr gespannt auf den weiteren Weg bis zum Gipfel.

 

Schnell war uns klar, es geht stetig steil bergauf in einem stark lawinengefährdeten Gelände. "Lass uns hier noch kurz eine Vesperpause machen, bevor das Gelände gefährlicher wird". Im Schutz der steilen Felswand schoben wir uns noch etwas Käsebrot zwischen die Zähne, bevor wir die nächsten Stunden nach oben keuchten.

 

Besser Vorsicht als Nachsicht

Da noch rauf und dann bin ich gespannt, wie wir auf den Felsen ganz rechts von uns kommen.
Da noch rauf und dann bin ich gespannt, wie wir auf den Felsen ganz rechts von uns kommen.

Ganz oben am Hang erkannten wir vereinzelt Skitourengeher, die vermutlich in der morgendlichen Nebelsupper starteten. Ansonsten waren wir weitestgehend alleine unterwegs. Der Weg war gut zu finden, da bereits bereits Spuren der Skitourengänger vorhanden waren.

 

In Spitzkehren ging es den immer steiler werdenden Hang hinauf. So ganz sicher waren wir uns bis dato nicht, ob unser Ziel nun der vordere oder der hintere, eher gewölbte Felsrücken war. Unnötig lange wollten wir uns in diesem Gelände nicht auf einer Stelle aufhalten und aufgrund der Lawinengefahr immer in Bewegung bleiben. So hielten wir auch einen großen Abstand zueinander ein.

 

Die Natur bringt so viel Schönheit hervor

Ein Regenbogen in den Wolken
Ein Regenbogen in den Wolken

Als wir so hinauf schauten um kurz zu verschnaufen, zeichnete sich ein wunderbares Naturschauspiel ab. Die Wolken zogen in einem rasanten Tempo hinter den Felsspitzen entlang, verwirbelten sich und bunte Farben spiegelten sich in ihnen, fast wie bei einem Regenbogen. Schade, dass man mit einem Foto manche Szenen nicht richtig festhalten kann, aber im Herzen bleiben sie - so auch dieser Moment.

 

Beseelt und mit neuer Motivation ging es Spitzkehre für Spitzkehre höher.

 

Die Schlüsselstelle

Die steile Querung kurz vor dem Ziel, welche die Schlüsselstelle darstellt.
Die steile Querung kurz vor dem Ziel, welche die Schlüsselstelle darstellt.

Fast hatten wir den Sattel erreicht, da stand uns noch die heikelste Stelle bevor. Eine lange Querung in über 40 Grad steilem Gelände, mit Schnee, der nicht wirklich zu halten schien und einer schmalen Spur von Skiern, die für unsere breiten Schneeschuhe natürlich viel zu schmal war. Mir war überhaupt nicht wohl bei der Sache - umdrehen oder doch weiter gehen? Die Frage stellt sich oft in den Bergen.

 

Wir entschieden uns für's weiterlaufen. In der Querung wäre ein umdrehen eh nicht mehr möglich gewesen. Voll konzentriert und mit großem Abstand zueinander setzten wir langsam einen Schritt vor den anderen. Wer hier fällt, den hält nichts mehr. Noch dazu kommt, dass Stürze natürlich auch Lawinen auslösen können. Dieses Wissen lässt die Angst natürlich zusätzlich steigen, aber auch uns gewissenhafter bewegen.

 

Endspurt bis zum Gipfel

Der Schlussanstieg hinauf zum Gipfel - gleich haben wir es geschafft.
Der Schlussanstieg hinauf zum Gipfel - gleich haben wir es geschafft.

Puhhh, geschafft. Ich war überglücklich und zugleich auch voller Sorge, wie wir dieses Stück wohl wieder hinunter kommen sollen. 

Die letzten Skitourengeher machten sich für die Abfahrt bereit. "Wie kommt ihr denn da wieder runter?", fragte mich ein Mann auf Skiern, der meine Gedanken wohl erahnte. "So wie wir rauf gekommen sind", schoss es aus Micha grinsend heraus. Seine lockere Art machte mir etwas Mut.

 

Ein weiterer Hang türmte sich vor uns auf - Mist, ich dachte wir wären hier schon mal Ziel. "Hier geht es jetzt noch hoch und dann über einen Sattel. Ist nicht mehr weit", sagte der Mann. "Aber es stürmt brutal am Kamm oben, bleibt einfach ruhig."

Aha, dachte ich nur wieder etwas unsicher und war aber bereits dabei den Aufstieg anzugehen.

 

Eisige Gipfelfreude

Auf dem Großen Drusenturm mit einem fantastischen Bergpanorama.
Auf dem Großen Drusenturm mit einem fantastischen Bergpanorama.

Brrrrr, es stürmte tatsächlich was das Zeug hält. Gut, dass ich meine Windjacke angelassen hatte. Wir stellten uns die letzten Meter gegen den Wind und siehe da, wir hatten es geschafft - Großer Drusenturm (2.830m) du bist fantastisch!!!

 

Trotz eisiger Kälte und steif gefrorenen Backen, mussten wir das atemberaubende 360 Grad Panorama für ein paar Minuten genießen. Schneeberge soweit das Auge reicht - für solch eine Aussicht lohnt sich jede Schweißperle ;-)

 

Auf gleichem Weg zurück

Wenn die Sonne im Winter unter geht, geht das recht zügig. Also sputen wir uns besser ein wenig.
Wenn die Sonne im Winter unter geht, geht das recht zügig. Also sputen wir uns besser ein wenig.

Wir mussten uns etwas sputen. Es war bereits kurz vor 16 Uhr und wir hatten noch ein ordentliches Stück Abstieg vor uns. Vorsichtig wagten wir uns an die Querung, die mir beim Aufstieg schon Unbehagen bereitete. Erstaunlicherweise ging es echt gut und wir überwanden diese knifflige Stelle deutlich schneller als vorhin.

 

Der Richtungswechsel in den steilen Spitzkehren, mit den globigen Schneeschuhen, war bergab allerdings nicht so toll. Viel zu locker war der Schnee und oft rutschten wir ungewollt weiter als uns lieb war. Trotz allen Widrigkeiten schafften wir den Abstieg in einem rasanten Tempo und hatten sogar noch Augen für die langsam untergehende Sonne, welche die Berggipfel in ein wunderschönes Licht tauchte.

 

Pünktlich um 18 Uhr kamen wir auf der Lindauer Hütte wieder an und hatten uns das Abendessen reichlich verdient.

 

Farbenfrohes Erwachen

So ein wunderschöner Anblick
So ein wunderschöner Anblick

Am nächsten Morgen war der Blick aus unserem Hüttenfenster ein ganz anderer, als am Vortag und von Nebel war keine Spur mehr. Die aufgehende Sonne legte auf die Berge einen roten Schimmer und lies unser Tourenziel von gestern in einem ganz besonderen Licht erstrahlen. Hier muss ich im Sommer unbedingt nochmal her kommen, dachte ich beim träumen aus dem Fenster. Einige Klettersteige gibt es hier auch und die Gegend ist zum wandern bestimmt auch absolut toll.

 

Ich war happy und freute mich schon auf das nächste Highlight des Tages.

 

Auf Schlitten ins Tal

Da wird man glatt wieder zum Kind.
Da wird man glatt wieder zum Kind.

Mit Schlitten ging es die mehrere Kilometer lange Strecke zurück ins Tal. Für 8 Euro kann man sich diesen auf der Hütte leihen und dann einfach unten im Tal, an der vorgesehenen Stelle wieder abstellen.

 

Ich alter Angsthase mal wieder: "wie lenkt man nochmal?"

Seit meiner Kindheit bin ich auf keinem Schlitten mehr gesessen und hatte vor dem kurvenreiche Stück durch den Wald schon ziemlichen Respekt. Ich kam schnell wieder rein und so ging es in einem rasanten Tempo die Piste hinunter. Blöderweise gab es einige vereiste Stellen, auf denen man null Kontrolle mehr über den Schlitten hatte. Weder bremsen noch lenken ging darauf, weil die Schuhe überhaupt keinen Grip hatten. Trotz des vielen Adrenalins das durch meinen Körper strömte, machte es mega viel Spaß und im nu waren wir wieder im Tal.

 

Vielen Dank Lindauer Hütte für dieses coole Event :-)

 

Die GPX-Tracks zur Tour findet ihr hier:

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Was war eure letzte Tour im Winter?

 

Schreibt mir gerne in den Kommentaren.


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